Rohrer Höhe, Stuttgart

Ein Stadtquartier für Jung + Alt

Städtebau

Im Gegensatz zu der sehr blockhaften Bestandsbebauung wirkt das neue Quartier, das sie ersetzen soll, sehr viel durchlässiger und bezieht seine Umgebung mit ein. Entlang der Supperstraße ragen nur die Köpfe der neuen Häuser in den Straßenraum. Zusammen mit den gegenüberliegenden Bestandsbauten entsteht eine weiche Straßenraumkante, die typisch ist für das Gebiet. Der im Nordwesten gelegene Thing-Park umspült die angrenzenden Gebäude und fließt bis in die Mitte des Quartiers. Der Spielplatz und der Garten des Pflegeheimes sorgen für einen harmonischen Übergang der Bebauung zum Park. Die Hausgärten legen sich wie ein Gürtel um das Quartier und begrenzen den öffentlichen Raum. Die Topographie im Nordosten ist maßgebend für die Stellung der Wohnhäuser. Wie selbstverständlich nehmen Sie den Geländeverlauf des Hangs auf. Auch die Höhenentwicklung des Quartiers passt sich besonderen Situation an. Von der Supperstraße aus steigen die Gebäudehöhen von zwei bzw. drei bis auf fünf Geschosse zum unbebauten Waldrand an. Es entsteht ein harmonischer Übergang von der zwei bis drei geschossigen Bestandsbebauung hin zu den hohen Baumwipfeln. Das Pflegeheim mit pflegenahen Seniorenwohnungen und seinen Gemeinschaftseinrichtungen besetzt den wichtigen Platz am Übergang zum Thing-Park und zugleich die höchste Stelle des Grundstücks. Es formuliert an dieser Stelle einen städtebaulichen Kopf als räumlichen Schwerpunkt. Ihm folgt der Kindergarten, der seine Außenspielfläche gleich einem Garten zum öffentlichen Raum ausrichtet. An der unteren Kreuzung stellt sich der erste Wohnungsbau quer und nimmt damit die topographische Richtung des Hangs auf. In dieser Stellung folgen ihm die drei anderen und staffeln sich den Hang hinauf, entsprechend dem Verlauf der Höhenlinien.

Erschließung

Das neue Quartier ist sehr gut mit seiner Umgebung vernetzt. Der öffentliche Bus hält im Nordwesten. Über barrierefreie Wege gelangt man zum Haupteingang des Pflegeheims oder zum Eingangsplatz des Service-Wohnens bis hin zum zentralen Quartiersplatz mit der Begegnungsstätte, dem Gemeinschaftssaal und der Kita. An der Supperstraße liegen die Hauptzugänge aller Einrichtungen des Quartiers. Die Parkierungsflächen liegend ausnahmslos am Rand der neuen Bebauung, ebenso die Tiefgaragenzufahrt, die sich im Südosten befindet. Das innere Wegenetz bleibt den Fußgängern und Radfahrern vorbehalten.

Außenraum

Dem Außenraum kommt bei dieser Art der Bebauung eine ganz besondere Bedeutung zu. Die Atmosphäre des Quartiers hängt hauptsächlich von der Qualität des Außenraums und seiner Nutzungsangebote beziehungsweise seiner Nutzbarkeit ab. Hier werden Nähe oder Distanz, soziales Miteinander oder Anonymität, Lebendigkeit oder Ruhe angelegt. Wichtig sind die klare Zuordnung der Flächen (Haus- und Mietergärten, Quartiersplatz, Spielplätze, Raum für Natürliches und Spontanes) und die Verbringung des ruhenden Verkehrs an den Rand bzw.„unter die Erde". Gleichzeitig müssen Fahrradabstellplätze oberirdisch in der Nähe der Eingangsbereiche angeordnet werden. Insgesamt wird die Idee der „durchgrünten Stadt" damit neu interpretiert. Die gängigen Konventionen des undifferenzierte „fließende Raum" in einer der Häuser umgebenden parkartigen Landschaft gilt nicht mehr. Allen Flächen werden eindeutige Funktionen zugewiesen: Gärten, Plätze, Spielflächen, Wege, Gässchen etc. Dabei ist die Abstufung von öffentlich, halböffentlich und privat das erste Gebot.

Pflegeheim mit pflegenahen Seniorenwohnungen

Das Pflegeheim besteht aus 3 Gruppen mit jeweils 15 Bewohnern. Jede Gruppe hat eine „Essküche" mit Wohnbereich, die Möglichkeit eines Rundganges und einen direkt zugeordneten Außenbereich. Der Schwesternstützpunkt ist so platziert, dass beide Gruppen in einem Geschoss gut überblickt werden können. Die Arbeitswege des Personals sind kurz. Die Bewohnergruppe der demenziell erkrankten Menschen hat über den zentralen Aufenthaltsraum einen direkten Zugang Garten, in dem sie ihren Bewegungsdrang ausleben können. Die beiden Treppenhäuser sind so platziert, dass sie für die Pflegegruppen sowohl als 1. und 2. Rettungsweg genutzt werden können. Die Fluchtweglängen betragen immer unter 35 m. Die öffentlicheren Einrichtungen mit Gemeinschaftsraum und Begegnungsstätte liegen im Erdgeschoss direkt am zentralen Quartiersplatz, gut erreichbar für alle. Sie können bei Bedarf zu einem großen Saal zusammengeschaltet werden. Die pflegenahen Seniorenwohnungen erreicht man über einen separaten Zugang mit eigenem Treppenhaus und Aufzug. Sie schließen sich hauptsächlich über dem Pflegeheim im 2. und 3. Obergeschoss an.

Wohngebäude

Die 4-geschossigen Wohngebäuden sind als Punkthäuser mit zentraler Erschließung organisiert. Vier Wohnungen werden pro Geschoss über einen lichten Hof mit Treppe und Aufzug erschlossen. Der Gebäudegrundriss erscheint als Abfolge konzentrischer Rechtecke, deren Umfassungswände tragend ausgebildet sind und wirtschaftliche Spannweiten bieten. Im Inneren des Hauses befindet sich die Eingangshalle als Zentrum. Darum legt sich die Erschließungs- und Installationszone mit Dielen und Duschbädern. Darauf folgt eine gro߬zügige Raumzone mit Zimmern, Bädern, Küchen und Wohnräumen. Die äußere Raumzone ist flexibel einteilbar und kann den Bedürfnissen der Käufer ange¬passt werden, da nur die tragenden Wände der Installationszone und der Außenwände unveränderlich sind. Zum Beispiel kann aus einer 4-Zimmer-Wohnung eine großzügige 3-Zimmer-Wohnung oder eine Loftwohnung werden. Aufgrund dieser Konstruktion ist ein flexibler Wohnungsmix möglich. Jede Wohnung ist nach zwei Himmelsrichtungen orientiert, um die Wohnung gut zu belichten und den Ausblick nach zwei Seiten zu bieten. Zudem ist eine gute Querlüftung gewährleistet. In den oberen beiden Baukörpern gegenüber des Pflegeheims befindet sich das Service Wohnen. Über das Untergeschoss ist es mit dem Pflegeheim wettergeschützt verbunden. Das Generationen Wohnen teilt sich die unteren beiden Häuser, wobei vier Eigentumswohnungen auf den Dachgeschossen des Service Wohnens liegen. Alle geförderten Mietwohnungen sind an einem separaten Treppenhaus angeordnet.

Privater Außenraum

Die großzügigen Gärten mit Einfassungsmäuerchen und Hainbuchenhecke bietet den Erdgeschosswohnungen einen geschützten, privaten Gartenbereich. Darüber hinaus sind allen Wohnungen Balkone bzw. Terrassen zugeordnet, die sich in das Gebäudevolumen schieben, um auch hier einen vor Blicken geschützten Außenraum zu bieten. Die Balkone und Terrassen sind durch ihre Ausformung gut nutzbar und grenzen nie an einen benachbarten Außenraum. Sie sind daher sehr privat.

Nachhaltigkeit

Die kompakten Baukörper und das günstige A-V-Verhältnis sind die beste Voraussetzung, um den KFW-Effizienzhaus-55-Standard kostengünstig umzusetzen. Dazu kommt eine gute Dämmung, die dauerhaft mit Klinkerriemchen verkleidet bzw. verputzt wird.

Fassaden

Die Fassaden und deren Materialität sind neben den Außenräumen sehr wichtig für die Atmosphäre im Quartier. Durchgängig soll ein sandfarbener heller Klinker bei allen Gebäuden als Riemchen oder als Vollstein vor allen bei den Einfassungsmauern verwendet werden. Die horizontale Gliederung der Wohngebäudefassaden durch abgesetzte helle Putzbänder ist wichtig für eine verträgliche Maßstabswahrnehmung vor allem bei der Fernwirkung. Die expressive Ausformung der Balkon und der Baukörper insgesamt macht das Quartier unverwechselbar und schafft zusammen mit der ausgeprägten Materialität eine identitätsstiftende Atmosphäre.

 

Art

Städtebaulicher Wettbewerb, 2017

Ort

Stuttgart

Auslober

leben & wohnen I Siedlungswerk GmbH

Bearbeiter

M. Dürr I C. Paulus I P. Zenner

Visualisierung

Stuchlik 3D

Modellbau

werkplan

Platzierung

Anerkennung

Publikationen

competitionline 26.04.2018

wettbewerbe aktuell 06/2018