Stadtkloster St. Franziskus, Karlsruhe

Die Erweiterung des Stadtklosters folgt dem Gedanken, das Ensemble einerseits deutlicher im Quartier zu verankern – und damit sichtbar zu machen – und andererseits einen Filterraum zu schaffen zwischen Kirchplatz und Klosterhof. Von einem im folgenden Quartiersplatz genannten Hofraum, der sich dem Kirchplatz über die Klosterpforte niveaugleich anschließt, werden sowohl der Veranstaltungsbereich für das Quartier als auch die Obdachlosenküche betreten.
Die bauliche Klammer bildet eine an einen klassischen Kreuzgang erinnernde Pergola, die zugleich den tiefergelegenen Hofbereich vom Garten trennt und den Eingang zum Tagungshaus, zur Küche und den im Garten liegenden „Raum der Stille" erschließt. Durch die bauliche Verdichtung entlang der Straße bleibt der schöne Garten mitsamt seinem Baumbestand dennoch weitgehend unbeeinträchtigt.

Die Eingriffe im Inneren der denkmalgeschützten Anlage beschränken sich im wesentlichen auf den Einbau neuer Erschließungselemente (Aufzug, Treppe, Rampe), um eine weitgehend barrierefreie Erschließung gewähr-leisten zu können. Der in seiner formalen Geschlossenheit auch heute noch beeindruckende Kirchenraum wird als Möglichkeitsraum für unterschiedliche Gottesdienst-formen aufgefasst, ohne ihn wesentlich zu verändern oder umzudeuten. Durch kleine Eingriffe wie die veränderte Erschließung der Kapellen sollen Anstöße gegeben werden, den Raum, aber auch die Form des Gottesdienstes neu zu denken und weiter zu entwickeln.

Der dem Hauptportal der Kirche vorgelagerte Straßenraum wird zu einer platzähnlichen Freifläche umgestaltet, die weit hinüber ins Albgrün greift und die Portalwirkung der Westfassade erst zur Geltung bringt.
Vom Kirchplatz aus werden alle öffentlichen Bereiche des Ensembles erschlossen. Somit formuliert der Platz die Adresse des spirituellen Zentrums und gleichzeitig verteilt er in öffentliche und private Zonen sowie in sakrale und profane Bereiche, ohne die Bereiche zu durchmischen.


An der Nordseite, entlang der Nürnberger Straße, zeigt sich der umgestaltete Veranstaltungsbereich im Untergeschoss dem öffentlichen Raum durch eine großzügige Treppen- und Sitzstufenanlage, die zum Eintritt einlädt - ähnlich der Freitreppe zwischen Klosterhof und Quartiersplatz auf der Südseite.

Die Umgestaltung der Seminar- und Wohnbereiche folgt dem Bemühen, sinnfällige und gut funktionierende Strukturen bei gleichzeitig größt-möglicher Flexibilität in der Nutzung zu schaffen, ohne die Grundsubstanz des Denkmals anzugreifen. Während Fassaden und Dachflächen unverändert erhalten bleiben und auch die charakteristische Mittelflur-Erschließung beibehalten wird, werden durch Lage und Zuschnitt der einzelnen Bereiche größere Eingriffe in die Grundrisse nötig. Hierbei spielen insbesondere die notwendigen Eingriffe für eine barrierefreie Zugänglichkeit der unterschiedlichen Ebenen eine Rolle. Dabei verstehen wir unseren Ansatz als Absichtserklärung, die im Falle einer Umsetzung im Zusammenspiel mit der Denkmalpflege und den Fachplanern abschnitts-weise und einzelfallbezogen detaillierter untersucht werden muss.

Eine wichtige Rolle in unseren Überlegungen spielt unser Bemühen, dem spirituellen Zentrum einzelne Orte ganz unterschiedlicher Qualität zu erschließen. So entwickelt sich das Ensemble in fein ausdifferenzierten Schichten, von laut zu leise, von Betriebsamkeit zu Einkehr, über architektonisch-räumlich unterschiedlich ausformulierte Schwellen. Jeder Bereich erhält seinen ganz eigenen Charakter und trägt damit zugleich zu einem tieferen Verständnis der Gesamtanlage bei, ordnet sich aber immer in das Ensemble ein – Architektur als Bedeutungsträger, als Abbild von Hierarchien und höherer Ordnung ebenso wie als Möglichkeits-Raum.

Art

Realisierungswettbewerb, 2020

Ort

Karlsruhe - Dammerstock

Auslober

Katholische Gesamtkirchengemeinde Karlsruhe

Bearbeiter

H. Baurmann | M. Dürr | S. Masuch | T. Quynh | L. Hertenstein

Visualisierung

Stuchlik 3D

Modellbau

V. Lennarz

Publikationen

competitionline 05.01.2021